Schwerhörigkeit
Die mit Abstand häufigste Form der Schwerhörigkeit bei Kindern kommt durch eine Flüssigkeitsansammlung hinter dem Trommelfell zu Stande. Bei Kindern funktioniert der Druckausgleich über die Ohrtrompete, auch Eustachische Röhre genannt, noch nicht so gut wie bei Erwachsenen. Zudem haben Kinder im Rahmen der Entwicklung der Immunabwehr häufiger als Erwachsene Erkältungen, die den Druckausgleich durch ein Anschwellen der Rachenmandel zusätzlich beeinträchtigen. Nach Infekten sind Schleimansammlungen hinter dem Trommelfell für einige Tage normal. Wenn Sie nach spätestens drei Wochen nicht verschwinden, sollte zunächst eine medikamentöse Behandlung erfolgen, da sich der Schleim sonst stark Eindicken kann und ausgeprägte Schwerhörigkeiten verursachen kann. Dann hilft nur noch eine kleine Operation, bei der ein Schnitt ins Trommelfell gemacht und der Schleim abgesaugt wird, eventuell muss durch das Einlegen eines Paukenröhrchens eine längerfristige Belüftung des Mittelohres nach außen sichergestellt werden. Meist wird im gleichen Eingriff die Rachenmandel mit entfernt, um zu verhindern, dass das gleiche Problem bei der nächsten Erkältung wieder auftritt.
Schwerhörigkeiten des Innenohres („Hörschnecke“) bis hin zu vollständigen Taubheit kommen auch bei sonst gesunden Kindern vor. Sie können von Geburt an bestehen oder sich mit der Zeit entwickeln. Ein Teil solcher Schwerhörigkeiten sind erblich bedingt in den Genen angelegt. Mittels einer genetischen Diagnostik kann dann oft der weitere Verlauf vorhergesagt und die Wahrscheinlichkeit bestimmt werden, mit der die Schwerhörigkeit weitervererbt wird. Wir beraten Sie gerne über Vor- und Nachteile der Gendiagnostik und überweisen sie ggf. an hierauf spezialisierte Einrichtungen. Schwerhörige Kinder sollten frühzeitig mit Hörgeräten versorgt werden, damit sie zunächst normal sprechen lernen und sich später normal entwickeln können. Heutzutage besteht die Möglichkeit, selbst taub geborenen Kindern mit einem so genannten Cochlea-Implantat das Hören zu ermöglichen. Sofern dies vor Vollendung des zweiten Lebensjahres geschieht, kann das Kind trotz seiner Taubheit normal Hören und Sprechen lernen. Daher wird in Bayern meist bereits direkt nach der Geburt ein Hörscreening durchgeführt.
© Prof. Dr. Bernhard Olzowy, März 2018